Canela und Canelo lebten mit rd. 150 anderen Hunden in einem Messilager im spanischen Asturias. Es dauerte 16 Jahre, in denen dort immer mehr Hunde abgegeben wurden, bis das Ganze nicht mehr zu bewältigen war und die Behörden einschritten und das Lager auflösten. Dabei hatte die Betreiberin nur den Hunden helfen wollen…leider war sie nicht in der Lage, rechtzeitig die Grenzen des Machbaren zu erkennen.
11 spanische Tierschutzvereine kümmerten sich um die Hunde - sie sollten nicht auch noch in eine Perrera gebracht und dort getötet werden. Sie brachten die meisten Hunde in ihren eigenen Refugien unter, einige wenige fanden in Spanien eine Pflegestelle. Zuletzt wurden noch rd. 20 Hunde im Messilager von Tierschützern betreut, denn alle verfügbaren Plätze waren besetzt.
Wir haben für einige der Hunde die Vermittlung übernommen und ein neues Zuhause in Deutschland gesucht. Das war nicht immer einfach, denn niemand wußte etwas Genaues über die Hunde. Hatten sie jemals in einer Familie gelebt oder sind sie im Messilager zur Welt gekommen? Und wenn sie irgendwann einmal ein Zuhause hatten, wurden sie dort gut behandelt oder trugen sie eine Menge Ängste mit sich herum?
Auch das Alter der Hunde konnte nur grob geschätzt werden, in 16 Jahren gab es keine Aufzeichnungen über die Hunde…

Canela und Canelo teilten sich einen Verschlag im Messilager. Die Tierschützer vermuteten, dass es sich um Mutter und Sohn handelt und stellten bald fest, dass Canelo so gut wie blind war. Das bedeutete, dass wir für die beiden ein gemeinsames Zuhause finden mussten, denn Canlo orientierte sich sehr an Canela. Schlimmstenfalls hätten wir sie getrennt vermittelt, wenn wir für Canelo eine Familie mit souveränem Ersthund gefunden hätten…
Aber wir hatten Glück und fanden sehr schnell eine liebevolle Pflegestelle in Deutschland für die beiden. Die ersten Wochen waren nicht einfach. Die beiden waren intensiven Kontakt zu Menschen nicht gewohnt und ließen sich nur ungern anfassen…und leider waren sie auch nicht stubenrein. Aber die Pflegestelle hat es mit viel Liebe und Geduld geschafft, dass die beiden immer zutraulicher wurden und es dauerte auch nicht lange bis sie verstanden hatten, was “Gassi gehen” bedeutet 🙂

Das Pflegefrauchen ging mit Canelo zum Tierarzt und nun ist es traurige Gewissheit, der kleine Canelo ist blind und daran ist leider nichts zu ändern. ABER das tapfere Kerlchen hatte sich längst mit dieser Situation arrangiert und lief mittlerweile ganz sicher durch die Wohnung seines Pflegefrauchens, die er mit anderen Hunden teilte. Probleme gibt es keine, im Gegenteil, Canelo wurde immer munterer.
Den Gang zum Tierarzt hat er sehr gut gemeistert, er war zum ersten Mal an der Leine in der Stadt unterwegs, geführt durch die Stimme seines Pflegefrauchens. Für einen Hund, der nur ein Leben auf dem Messigrundstück kannte, ist es schon eine Leistung, sich in einer völlig fremden Welt zurecht zu finden, für einen blinden Hund ist es viel mehr, es ist der Beweis eines grenzenlosen Vertrauens in uns – und das obwohl er bisher wenig positive Erfahrungen mit uns Menschen gemacht hat.
Canelo macht das Beste aus seiner Situation. Unser kleiner Lebenskünstler genießt sein Leben und dass er blind ist – nun, das ist eben so…
Canelo hatte in der Pflegestelle eine neue Leidenschaft entwickelt, das Ballspielen. Er orientierte sich an den Geräuschen des Balles und fand es richtig klasse, ihn zu suchen. Auch Canela entspannte sich immer mehr, sie musste nicht mehr ständig auf Canelo aufpassen und konnte sich endlich um sich selbst kümmern.
Die beiden Schätzchen haben in kurzer Zeit eine tolle Entwicklung gemacht, aber würden wir auch ein neues Zuhause finden, in dem sie zusammen bleiben konnten?

Die Antwort lautet: JA, wir haben ein wunderschönes Zuhause für die beiden gefunden. Canelo und Canela leben endlich das Hundeleben, das wir ihnen gewünscht haben.
Canela liebt es mittlerweile sehr, zu spielen und beide beginnen, ihre Streicheleinheiten einzufordern. Draußen sind sie munter unterwegs und freuen sich anschließend auf ihre Kuschelplätze in einer warmen Wohnung…das alles haben sie offensichtlich nie gekannt.
Wir bedanken uns bei der engagierten Pflegestelle, die sich so rührend um die beiden kleinen, unsicheren Hunde gekümmert hat, und wir freuen uns, dass die beiden kleinen Mäuse es in ihrem neuen Zuhause so gut getroffen haben. Wir wünschen uns, dass auch die anderen Asturias-Hunde, die noch nicht so viel Glück hatten und ein Zuhause suchen, bald ihre Menschen finden.
Canela und Canelo, das war unsere kleine Weihnachtsgeschichte für 2018…bis hierhin ein Happy-End und wir dachten, die beiden hätten noch ein paar schöne Jahre vor sich, aber es kam leider anders…
Das Schicksal schlug unerbittlich zu… während wir berichteten, dass endlich auch die letzten Hunde das Messilager in Asturias verlassen konnten, ist der kleine Canelo über die Regenbogenbrücke gegangen.
Der kleine, fröhliche, seinem Schicksal trotzende Canelo, er lebt nicht mehr… er war sehr krank… wie lange schon, wissen wir nicht. Sämtliche früheren Untersuchungen waren ohne Befund…
Das sind die Momente, in denen sich einfach nur eine große Traurigkeit ausbreitet. Canelo hatte es endlich geschafft, vermutlich niemals vorher hat er in einem Haus gelebt oder warme Kuschelkissen gekannt und konnte all das nur so kurze Zeit genießen… wenigstens ist er nicht in diesem schrecklichen Lager gestorben… aber das ist ein schwacher Trost. Wir haben ihm so sehr ein schönes, langes und glückliches Leben gewünscht.
Das traurige an der Tierschutzarbeit ist, versuchen zu müssen das zu richten, was achtlose, teilweise brutale, gleichgültige und grausame Menschen den wehrlosen Hunden antun. Dieses Elend immer wieder zu sehen und doch nur so wenigen helfen zu können…und wenn es dann endlich geschafft ist und ein Hund eine neue Familie findet, geliebt wird, wieder Freude am Leben hat, dann passiert so etwas…
Wir sind sehr traurig…
Canelos Familie und seine ehemalige Pflegestelle trauern mit uns um den kleinen Hund, der alle so beeindruckt hat. Am meisten trauert Canela, sie weint, sucht Canelo, um den sie sich so rührend gekümmert hat. Ihr Frauchen trägt sie nachts durchs Haus, Canela findet noch keine Ruhe. Wir hoffen, dass sie den Verlust überwindet, ihre neue Familie und die vorhandenen Hunde helfen ihr dabei.
Wir haben einen Brief von Canelos Familie bekommen, den wir am Ende dieser Geschichte hier veröffentlichen… und ein Foto von seinem Grab…
Canelo hat Weihnachten in Deutschland nicht kennen lernen dürfen. Vermutlich hätte er es auch nicht verstanden, den geschmückten Baum im Zimmer, die aufgeregten Menschen…aber das gute Essen hätte ihm sicher sehr gefallen.
Aber Weihnachten ist nicht nur Kommerz, Tannenbaum und gutes Essen, Weihnachten hat auch eine besinnliche Seite und dazu passt unsere Weihnachtsgeschichte sehr gut, die traurige Geschichte von Canela und Canelo, die kein glückliches Ende gefunden hat.
Die Menschen, die die beiden Hunde achtlos entsorgt haben, haben sie längst vergessen…wir und alle anderen Menschen, die den beiden geholfen haben, werden sie immer in Erinnerung behalten. Wir werden nicht vergessen, dass zwei Hunde, die von uns Menschen fast ihr ganzes Leben lang enttäuscht wurden, uns doch wieder vertraut haben.
Canelos neue Familie schreibt in ihrem Brief, dass Canelo sie für immer verändert hat…er war viel mehr als ein überflüssiger, kleiner Hund…
Wir wünschen ein besinnliches, nachdenkliches Weihnachtsfest.
Brief seiner trauernden Familie an den kleinen Canelo:
Mein lieber kleiner Canelo,
ich war eben mit Deiner Mama und Gino Gassie. Dein Licht leuchtet bis zum Teich den ganzen Feldweg entlang, auf dem wir zusammen gelaufen sind und Du vor Freude über die Wiese Deine Purzelbäume geschlagen hast. Mir laufen schon wieder Tränen herunter, aber ich möchte der Welt berichten, was für ein toller einmaliger lebensfroher tapferer kleiner grossser Mann Du warst. Vor zwei Tagen bist Du gegangen, ich musste Dich erlösen. Du bist auf meinem Schoss in meinen Armen eingeschlafen. Ich habe versucht, Dir all meine Liebe mitzugeben. Ich durfte nur zwei Monate Deines Lebens mit Dir verbringen. Es waren intensive mit Liebe erfüllte Wochen. Durch Zufall blickte ich im Internet in Deine Augen und wusste, Du willst mit Deiner Mama zu mir. Alles klappte. Kurze Zeit danach durften wir Dich von Deinem Pflegefrauchen abholen, die Dich/Euch verständlicherweise am liebsten gar nicht mehr hergeben wollte. Die Nachhausefahrt mit Euch war eine echte Herausforderung, aber kaum angekommen seid Ihr Beide durchs Haus und den Garten gerannt, als wärt Ihr schon immer hier zu Hause. Vor Deiner Ankunft haben wir das ganze Haus umgeräumt, das Schlafzimmer ins Erdegeschoss verlegt, denn Du solltest Dich nirgendwo stossen, denn Du warst blind. Aber Du warst so erstaunlich sicher beim Laufen, dass berhaupt nichts passiert ist, so sicher, dass Du es sogar geschafft hast, auf die Couch zu springen und dort Deine Purzelbäume zu schlagen. Nur eines dieser wunderschönen Erlebnisse. Es gäbe so vieles zu berichten, dass ich nie damit aufhören könnte. Punkt 12.30 Uhr bist Du in die Kche gekommen, um mich daran zu erinnern, dass Du und Deine Mama gerne essen möchten.…Du warst aus medizinischer Sicht blind, aber ich weiss, dass Du viel mehr gesehen hast, als wir Menschen uns vorstellen können. Leider fingst Du schnell an zu husten und der Tierarzt verschrieb Antibiotikum, dann Rachenabstrich, anderes Antibiotikum, Röntgen(Schatten auf der Lunge-unklar), Du hast Dich mehr und mehr zurückgezogen…Am Montag morgen warst Du plötzlich kalt und schwach. Wir sind sofort mit Dir zum Arzt, wurden gleich in die Klinik weitergeschickt. Dort nahmen sie Dich stationär auf. Es folgten weitere Untersuchungen. Gegen 17.00 Uhr rief die Klinik an. Wir mussten Dich in die nächstgelegene Spezialklinik bringen. Dort waren wir gegen 19.00 Uhr. Um 21.00 Uhr bist Du gegangen. Einer Deiner Lungenlappen war verdreht und bereits abgestorben, der andere auffällig(Tumor?). Ich musste sofort eine Entscheidung treffen. Operation oder.…Nachdem mir die Operation und die Chancen auf eine Genesung erklärt wurden, entschied ich mich dagegen. Die Vorstellung, Dich derart aufschneiden zu lassen, tagelang nicht zu Dir zu können, zu wissen, dass Du ganz alleine brutale Schmerzen in einer Box ertragen musst und das ganze evtl. nicht schaffst, konnte ich nicht ertragen. Ich hätte alles getan, Dich zu retten. Ich möchte verstehen, was in Deinem Körper eigentlich passiert ist. Aber hilft das?
Deine Mama hat sich zuhause von Dir verabschiedet, gestern haben wir Dich begraben, dort wo Du immer Deine Knochen verbuddelt hast. Heute waren wir mit Deiner Mama in der Gärtnerei, um etwas für Dein Grab zu kaufen und die kleine Maus abzulenken. Sie schläft nun bei mir oder ich bei ihr und sie weint die ganze Nacht. Die Lücke, die Du hinterlässt ist nicht zu schliessen. Ich hasse alle Menschen, die Euch lieben Wesen so schlimme Dinge antun und bin fast froh, dass Euch nicht sofort jemand wollte, denn nur so bekam ich die Chance, so einmalige Seelchen kennenzulernen. Ich frage mich, weshalb das Schicksal so brutal ist. Dein Leben lang, viele endlose Jahre, musstest Du so viel Leid ertragen, nur um gerettet zu werden und dann NUR ein paar Wochen zu spüren, was Liebe und Geborgenheit ist. Manchmal denke ich mir, vielleicht wusstest Du das alles und hast einen Platz für Deine kleine tapfere Mama gesucht. Sie hat Dich immer vor allen bösen Dingen beschützt und Dich an einer unsichtbaren Leine geführt. Mein Versprechen, Dir viele wundervolle Jahre zu geben, konnte ich leider nicht halten, aber ich setze alles daran, dass es Deiner Mama immer gut gehen wird und sie nur Liebe und Geborgenheit erfährt. Deine Liebe und Dein Vertrauen in das Leben hast Du uns hier gelassen und sie werden uns immer begleiten. Du hast mich verändert und dafür danke ich Dir. Renn ganz schnell über den Regenbogen und freue Dich, wenn Deine Pfötchen die Wolken berühren, mein kleiner Canelo. Du wirst immer in unseren Herzen sein.
Grossen Dank an die Retter von Canela und Canelo, an Bea, an Freya und an Tanja Remmers, die mich in den schweren Stunden begleitet hat.