Ein Tierschutzhund zieht ein…….

 

Wir freuen uns sehr, dass Sie einem Tierschutzhund die Möglichkeit auf ein sicheres und gutes Leben geben möchten, bitten Sie aber dennoch darum, die folgenden Kriterien nochmals für sich zu hinterfragen:

  • Ist Ihr Partner/ Ihre Familie mit dem Haustier einverstanden?
  • Dürfen Sie ein Tier halten? Haben Sie dafür eine schriftliche Einverständniserklärung Ihres Vermieters?
  • Passt das Tier charakterlich (rassebedingte Bedürfnisse) her, zu Ihnen?
  • Passt das Tier vom Alter her zu Ihnen? Haben Sie genügend Zeit für ein Tier?
  • Sind Sie sich bewusst, dass ein Hund bis zu 20 Jahre alt werden kann?
  • Sind Sie sich sicher, dass niemand in Ihrem Haushalt eine Tierallergie hat?
  • Können Sie sich die anfallende Kosten für das Tier leisten? (Tierarzt, Zubehör, Versicherung, Steuer, Futter….) ?
  • Wer versorgt das Tier bei Krankheit, Urlaub etc…?
  • Muss das Tier sich mit einem anderen Haustier arrangieren?
  • Wo kann/ darf sich das Tier aufhalten?

Letztlich leiden alle darunter, wenn es nicht passt und der Hund nicht bleiben kann, am meisten das Tier.

Wenn dann die ganzen Formalitäten und die Vorkontrolle abgeschlossen sind und der Tag der Ankunft näher rückt, steigt die Spannung bei allen Beteiligten.

Ein neues Familienmitglied abzuholen ist immer aufregend, das können wir gut verstehen!

Aber auch hierbei gibt es noch einiges zu beachten.

Die Sicherung des Hundes

Da es die meisten Hunde ohne weiteres schaffen, aus den handelsüblichen Geschirren zu entwischen, reisen unsere Hunde mit einem voreingestellten Sicherheitsgeschirr und Halsband.

Bitte bringen Sie zur Abholung für die Doppelsicherung des Hundes unbedingt zwei Leinen mit.

Doppelsicherung bedeutet, dass eine Leine am Geschirr und eine Leine am Halsband befestigt wird.

Wenn Sie Unsicherheiten bezüglich der Sicherung haben, sprechen Sie uns bitte jederzeit an!

Wenn die Hunde in Deutschland ankommen, kennen sie unsere Welt noch nicht und sind aufgeregt/ängstlich. Sie kennen auch Sie als potenzielles Familienmitglied noch nicht und werden in unsicheren Momenten erstmal die Flucht ergreifen wollen. (Nicht nur „Angsthunde“ müssen doppelt gesichert werden!)

Sicherung1 2023

Flexi-Leinen sind ein absolutes Tabu … denn fällt diese dann doch aus der Hand, scheppert sie dem weglaufenden Hund hinterher und treibt ihn immer weiter!

Bitte sichern Sie den Hund auch die ersten Tage nach der Ankunft auf den Gassigängen doppelt. Auch das Sicherheitsgeschirr sollte noch einige Zeit weitergetragen werden.

Sie haben nun Ihr neues Familienmitglied am vereinbarten Treffpunkt übernommen. Bitte fahren Sie jetzt auf direktem Weg nach Hause … machen Sie keine Pausen oder Gassi-Gänge an Autobahnraststätten! Wenn der Hund in ihrem Auto sitzt, bitte nicht ungesichert die Fensterscheiben zum Lüften herunterlassen oder die Autotür öffnen.

Nachfolgend haben wir noch ein paar Erfahrungen und Gedankenanregungen aus der Tierschutzarbeit zusammengefasst.

Die wichtigsten Zauberworte im Zusammenleben mit Hunden sind

Ruhe, Geduld und Verständnis

Ruhe

Wer schon einmal in einem Tierheim war, egal ob in Deutschland oder im Ausland, kennt den immensen Geräuschpegel, der dort herrscht. Nicht nur für uns Menschen ist das schwer zu ertragen, auch die Fellnasen, die dort leben, finden dort selten Ruhe.

Es ist immer wieder schön zu erleben, wie die Hunde die Ruhe im neuen Zuhause genießen. Schaffen Sie genug Freiraum, um diesen neu gewonnen Luxus zu genießen.

Wie wir Menschen können sich Hunde besser konzentrieren, lernen und trainieren leichter, wenn sie entspannt und ausgeschlafen sind. Sorgen Sie für ausreichend Ruhephasen, vor allem in der ersten Zeit, wenn so viel Neues auf einmal verarbeitet werden muss. Gemeinsames Ausruhen ist eine schöne Beschäftigung und tut beiden Seiten gut.

Geduld

Ihr neuer Begleiter kennt den Alltag in Ihrem Leben noch nicht. Rituale, regelmäßige Abläufe müssen erst erlernt werden und sorgen für Verlässlichkeit, schaffen Vertrauen. „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“, das gilt auch hier. Der eine kommt schneller in seiner neuen Umgebung an, bei anderen dauert es länger. Es gilt die Frage: „Was kann er / sie schon kennen und können, bleiben Sie fair. Geben Sie Ihrem neuen Familienmitglied die Zeit, die es benötigt, es lohnt sich. 

Es wird nicht gleich alles so laufen, wie man sich das wünscht. Seien Sie kreativ, flexibel und nehmen Sie es mit Humor, wenn mal was daneben geht. Vor allem, setzen Sie sich nicht selbst unter Zeitdruck.

Das Leben mit Ihrem neuen Begleiter beginnt gerade erst.

Verständnis

Im Tierschutz gibt es die unterschiedlichsten Hunde mit individuellen Facetten und Bedürfnissen. Es gibt Hunde, die im städtischen Umfeld frei und von Essensresten gelebt haben. Hunde, die aus ländlicher Gegend stammen und sich durch Jagen von Kaninchen und Vögeln ernährt haben. Wieder andere haben unter schrecklichen Bedingungen als Arbeitstiere bei Jägern gelebt.

Es gibt alte und/oder kranke Hunde, trächtige Hündinnen, ungewollte Welpen oder Familienhunde, die bei unseren Partnern abgegeben werden.

Die Lebensbedingungen der Hunde im Ausland unterscheiden sich sehr, von denen, die wir in Deutschland kennen. Viele kennen den Umgang mit uns Menschen noch nicht oder haben mit unserer Spezies eher schlechte Erfahrungen gemacht, sind scheu bis misstrauisch.

Unsere Partner vor Ort können die Fellnasen zu einem gewissen Teil einschätzen. Aber ein Tierheimalltag unterscheidet sich dennoch deutlich zu einem Leben in einer Familie, in einem Haus. Viele Hunde kennen das bisher nicht und müssen ganz von vorne anfangen. Das fängt an bei der Stubenreinheit, das Zusammenleben mit Menschen in geschlossenen Räumen, Treppen laufen, Geräusche von technischen Geräten (Staubsauger, Kaffeemaschine) etc.

Für ein besseres Verständnis hilft es manchmal, wenn man versucht, sich etwas in die Ausgangssituation des Hundes hineinzuversetzen:

Der Hund hat bei unseren Partnern ein Leben im Tierheimalltag kennen gelernt, bestenfalls auf einer Pflegestelle. Auch wenn es nicht die optimalen Bedingungen waren, das war sein Alltag, sein gewohntes Umfeld, damit hatte er sich arrangiert, das war im vertraut.

Nun hat er das Glück und darf nach Deutschland ausreisen, bringt eine mehrstündige Autofahrt in einer Reisebox hinter sich und steigt in einer völlig fremden Umgebung aus. Er kennt Sie und Ihre Familie nicht, weiß nicht, ob er Ihnen vertrauen kann. Er kennt Ihr Leben nicht, Ihr Haus, Ihre Gewohnheiten, evtl. vorhandene Hunde oder andere Tiere. Alles, was ihm bisher Sicherheit gegeben hat, fehlt.

Nun gibt es Kandidaten, die kommen und nehmen erstmal alles in Beschlag. Und es gibt auch die, die sich lautlos und unkompliziert in unser Leben einfügen, als wären sie schon immer da. …. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Jackpot.  Aber es gibt auch die, die sich die ersten Tage komplett in eine Ecke oder unters Bett verziehen. Oft ist viel Arbeit erforderlich, um sich das Vertrauen der Fellnasen zu erarbeiten, um mit ihnen gemeinsam zu einem Team zu wachsen.

Ein Tierschutzhund ist immer auch ein Überraschungspaket und Sie sollten die Bereitschaft mitbringen, sich darauf einzulassen. Und gibt es etwas schöneres, wenn der Schützling Vertrauen gewinnt und seine ganz eigene Persönlichkeit preisgibt?

Wer einen Hund aus dem Tierschutz „rettet“ muss sich bewusst sein, dass dieser evtl. Eigenschaften mitbringt (z. B. eigenständiges Handeln oder Jagen), die von uns oft als problematisch empfunden werden. Ein Hund, der mehrere Jahre frei überlebt hat, weiß, wie er sich ernähren und verteidigen kann, so dass er möglichst unversehrt überlebt. 

Für manchen ist die Umstellung, dass er nun an einer Leine geführt wird und künftig ein Mensch über seinen Alltag bestimmt, nicht einfach (Thema Kontrollverlust). Es ist aber immer wieder erstaunlich, wie lernfähig und lernwillig sie uns dennoch begegnen.

Hundebegegnungen

Viele Hunde haben, bevor sie zu unseren Partnern gekommen sind, frei und uneingeschränkt gelebt, oftmals in losen Verbänden mit anderen Artgenossen. Konflikte werden hier meist ohne Verletzungen und stark ritualisiert über die Kommunikation mit Körpersprache und zum Teil mit viel Gebell gelöst. Die Umgebung, in der sie lebten, gab ihnen den Raum, um einem Konflikt aus dem Weg zu gehen und einen großen Bogen um die Gefahr zu machen. Ein direktes aufeinander zulaufen wird vermieden.

Bei unseren Partnern leben sie zum Teil in großen Hundegruppen zusammen.  Daher sind sie meist sehr sozialkompetent und kommunizieren sehr feinfühlig miteinander.

Hunde, die in menschlicher Obhut (z.B. bei einem Züchter) geboren und aufgewachsen sind und den menschlichen Alltag von klein auf kennen, kommunizieren anders. Sie waren nie den Herausforderungen eines freilebenden Hundes ausgesetzt. Dafür haben sie aber wesentlich mehr Erfahrung darin, uns Menschen einzuschätzen und kennen bereits unseren Alltag, mit all seinen Geräuschen, Gerüchen und Ritualien.  Sie lernen von klein auf das Leben an der Leine kennen.

Treffen diese beiden „Welten“ nun aufeinander, treffen oft auch zwei „Sprachen“ aufeinander und es kann auf beiden Seiten zu Missverständnissen und damit zum Konflikt kommen.

Körpersprache

Bei diesem Thema sind wir Menschen den Fellnasen weit unterlegen, sind eher wahre Holzklötze darin. Einen Hund, der das Zusammenleben mit uns noch nicht kennt, kann das erstmal verunsichern (z. B. das über den Hund beugen oder über den Kopf streichen). Die Hunde wenden auch uns gegenüber Körpersprache an, nur nehmen wir sie oft nicht wahr. Wenn beide Seiten sich auf die Körpersprache des anderen einlassen, kann Vertrauen wachsen, eine gute Bindung und ein starkes Team daraus entstehen. Zu den Themen Körpersprache und Beschwichtigungssignale findet man inzwischen einiges an Literatur. Wir profitieren auf jeden Fall, wenn wir unseren Beitrag zu einem fairen Miteinander leisten.

Zum Abschluss unserer Ausführungen wünschen wir Ihnen und Ihrem neuen Begleiter nun viel Spaß auf Ihrem gemeinsamen Weg, vor allem aber allen beste Gesundheit. Bleiben Sie fair.

Ihr Team von den Hundepfoten in Not e.V.